Barbies waren für mich Anfang der 70er Jahre ein sehr wichtiges Spielzeug und ich habe sie deshalb nie abgelehnt. Ich sah diese Puppen nicht als Verkörperung unnatürlicher Models, die nur oberflächlich betrachtet als falsches Vorbild für Mädchen gelten sollten, sondern als Rollenspielfiguren. Als Pädagogin wurde ich in den 80er Jahren sogar in Vorstellungsgesprächen zu meiner Einstellung gefragt. Ich konnte immer nur das erklären, was ich hier schreibe und erhielt deshalb auch keine negative Rückmeldung zu meiner Meinung.
Ich habe als Kind mit diesen Puppen (Tutti = Kind, Ken = Mann, Barbie und Petra = Frau, Skipper = Teenager …) viele Situationen aus dem täglichen Leben nachgespielt. Da es noch nicht so viele Utensilien aus Plastik gab oder wenn, dann waren sie sündhaft teuer, habe ich die Wohnungseinrichtung für „meine Familie“ selbst gestaltet. Ein kleines Puppenkissen diente als Sitzsack, der damals Mode war, eine kleine Schmucktruhe als Kommode, Stoffreste oder Dekodeckchen, so wie Teppichbodenreste und dergleichen verschönerten das Umfeld meiner Puppen. Meine Mutter, die anfangs sehr gegen Barbies war, häkelte und nähte ohne Ende und hatte genau so wie ich Spaß daran, mir beim Spielen zu helfen und auch mal mit zu spielen und zu sehen, wie gut mir das tat. Wir spielten auch zusammen mit anderen Kindern. Diese Puppen wurden nicht nur einfach modisch an- und ausgezogen und flogen nicht anschließend in eine Kiste. So hatten meine Puppen auch keine verfilzten oder verschnittenen Haare, auch die Beine und Arme wurden nicht abgebrochen. Ich spielte immer kreativ, ohne zu zerstören und das galt allen meinen Spielsachen!
An Barbies faszinierten mich natürlich auch die Brüste, die andere Puppen nicht hatten und es gab auch einen Ken und ein Barbiekind. Damals gab es noch keine geleitete Spieltherapie oder Ergotherapie, zumindest nicht für mich. So konnte ich vieles im Spiel auch mal ganz alleine für mich verarbeiten, dessen Bedeutung mir natürlich als Kind noch nicht bewusst war. Heute weiß ich noch genau, was da im Spiel oft abging und warum!
Was ich immer wieder betonte in meinem Vorstellungsgesprächen als Pädagogin, ist die Bedeutung der Art und Weise wie Kinder an Spielzeug herangeführt werden, wie wir Erwachsene Vorbilder sein können und vor allem die Kreativität mit der ein Spielzeug eingesetzt werden kann. Ich war und bin immer wieder erschrocken und das schon als Kind, wie Kinderzimmer oder Kindergartenräume aussehen: Ein Ort des Kriegs und Chaos, kaputte Gegenstände, die lieblos herumgeschmissen werden. Oder das extreme andere Gegenteil: Klinische Spielzimmer, in denen alles wohlgeordnet verstaut ist, sodass Kinder nichts mehr aufgebaut lassen dürfen, sondern immer alles sofort wieder weg räumen müssen, damit bloß täglich geputzt werden kann! Das sind dann die Mütter, die hysterisch werden, wenn ihre Kinder barfuß über eine Wiese laufen oder sich mit Erde schmutzig machen. Sie könnten ja in eine Biene treten oder sich vergiften. Komisch, wir kannten im Sommer auf dem Land lebend keine Schuhe und alles wuchs wild. Bienenstiche haben wir uns nach dem Entfernen des Stachels gegenseitig raus gesaugt, und wenn unsere Eltern gesagt haben, wir dürften etwas nicht in den Mund stecken, dann haben wir gehorcht oder hatten Bauchschmerzen. Wir leben heute noch! 😉
Alles ist immer eine Frage der Einführung. Ob in Kindergärten oder im Privatbereich, so ist es die Aufgabe der Erwachsenen, Spielzeug liebevoll einzuführen und das bedeutet, selbst auch mal wieder Kind sein zu dürfen und einfach mal mit zu spielen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass die Eltern der Kinder aus meinen Kindergruppen sich immer wunderten, warum ich im Kindergarten einen Raum hatte, Traumland genannt, in dem bunte Glasflaschen die Sonnenfensterbank schmückten. Das sei doch viel zu gefährlich. „Meine Kinder“ durften diese Flaschen im Spiel mit benutzen und das klappte. Diese Flaschen blieben heil, wie auch alles andere! Damals kam ich in eine Kindergartengruppe der Verwüstung und die Kinder benahmen sich entsprechend. Da flog das Mittagessen durch die Gegend und die Kinder sprangen buchstäblich über Tisch und Bänke, was mich nicht mehr wunderte, als ich sah, wie der Raum eingerichtet war! Ich musste zunächst mit den Kindern gemeinsam den Spielraum verändern und dann nach und nach Spielzeug einführen, nicht alles auf einmal, was die Kinder überfordert, sondern mit Bedacht. Als Vorbild kann ich als Erwachsene den Kindern beibringen, wie sie mit einem Spielzeug umgehen können, was alles möglich ist und ihre Fantasie und Kreativität anregen. Okay, das ist natürlich auch eine Mentalitätsfrage, denn nicht jeder Erwachsene hat so viele Ideen. Trotzdem kann jeder von uns auf seine individuelle Art eine Menge dazu beitragen, dass die Kinder wieder kreativ und fantasievoll spielen lernen und nicht nur mit Technik, sondern mit einfachen, vielleicht sogar selbst gestalteten Dingen. Kinder sind stolz darauf, wenn sie etwas schaffen dürfen. Sie wissen es nur oft nicht von selbst. Die Schöpfergabe muss erst „heraus gekitzelt“ werden.
Und so ist das nicht nur mit Barbiepuppen, sondern mit allem, womit Kinder sich umgeben! Ich habe mit Kindern Holzhütten aus Rundhölzern (Baumabfälle vom Gartenamt) gebaut, Naturzelte gewebt aus Stämmen für das Grundgerüst und biegsamen Zweigen, die wir mit vielen Kindern aus dem Volksgarten in den Hort geschleppt hatten. Damit gingen sie viel behutsamer um, als mit vorgefertigtem, sterilen Plastikzeug! Die Kinder brauchen aber auch den Frei-Raum zum Spielen. Was ist heute los? Sie kennen oft nur noch den Schulhof, vorgefertigte Spielplätze, Computer oder werden von einem Ort zum anderen gefahren und kennen außer Schule, nur noch Fußball, Ballett, Reiten und wer sich das nicht leisten kann, hat gar nichts mehr Kreatives? Kreativität kostet nichts oder ist zumindest preiswerter.
Nun, es ist natürlich heutzutage auch nicht mehr einfach, das was ich als Kind noch erlebte oder das, was ich als Pädagogin der 80er und 90er Jahre noch umsetzen durfte, in die heutige Zeit zu übertragen. Ich selbst habe hier in Düsseldorf die erste offene Ganztagsschule eingerichtet und mitgestaltet. Es war nicht mehr das, was ich aus der behüteten Hortzeit der 80er und 90er Jahre kannte und diese Zeit war schon schwer, weil wir in improvisierten alten Schulräumen arbeiten mussten und die Arbeitsbedingungen ansonsten auch nicht die günstigsten waren, sodass Kreativität und Fantasie ohnehin unerlässlich waren. Trotzdem möchte ich behaupten, dass heute vieles viel schwerer geworden ist und ich jede Pädagogin, die noch Biss hat und Berufung in sich spürt, sehr bewundere. Hut ab! Wenn ich erlebe, was heute abgeht, puh … da bin ich froh, dass ich mich entschieden habe, ausschließlich mit Erwachsenen zu arbeiten. Aber das ist ein anderes Kapitel, zu dem ich noch viel zu sagen hätte, würde aber nun den Rahmen wirklich sprengen.
Also zurück zu meinen Barbies. Die Sammlung, die ich hier präsentiere, ist nicht aus meiner Kindheit. Ich habe diese Puppen von 1996 bis Mitte der 90er Jahre gesammelt. Viele sind vom Trödelmarkt. Ich habe die Puppen geschrubbt, ihnen den Filz aus den Haaren gekämmt (geht gut nass mit Haarkurcreme!) und sie Farbtyp gerecht angezogen, damit sie nicht kitschig aussehen. Ja, Ihr habt richtig gelesen. Auch Barbies sehen schön aus, wenn wir sie entsprechend ihrer Haar- und Hautfarbe Typ gerecht kleiden! Es hat mir so viel Spaß gemacht. Einige dieser Puppen habe ich auch neu gekauft oder geschenkt bekommen. Es sind auch Sammlerbarbies dabei, die es nur limitiert zu kaufen gab. Wie ich zu dieser Sammelleidenschaft kam? Ein Kind hat mir im Krankenhaus, in dem ich in den 90er Jahren arbeitete, zum Abschied eine alte Pocahontas-Barbie geschenkt, der ich ein Kleid nähte. Das Mädchen hat sich so gefreut, dass ich während seines Krankenhausaufenthalts so begeistert mit ihm und seinen Barbies spielte. Da fing alles an.
Meine Mutter hatte Mitte der 80er Jahre ohne mich zu fragen, alle meine Barbies und auch andere Spielsachen hinter meinem Rücken verschenkt. Das war für mich ein Schock. Und so trauerte ich irgendwie immer meinen Puppen nach. Nach ca. 10 Jahren Sammeln hatte ich das verarbeitet. 😉 Und das Ergebnis seht Ihr hier. Nur die „Kullertränchen“, so nannte man die Puppen früher, und die anderen Spielsachen auf dem letzten Foto, sind noch aus meiner Kinderzeit übrig geblieben, wobei das linke „Kullertränchen“ auch schon vom Trödelmarkt ist.
Nun viel Freude an den Bildern! 🙂