KUNTERBUNTE THEMEN, Persönliches, Wenn ich musiziere

Warum alle Gefühle in Krisenzeiten ihre Berechtigung haben und wie ich damit konstruktiv umgehe

Wenn Traurigkeit, Verzweiflung, Hoffnung und Zuversicht miteinander streiten, dann kann es schon mal hoch hergehen. Alle Gefühle wollen sich ausbreiten und so viele Stimmrechte wie möglich erobern. Sie argumentieren wild durcheinander. Die einen bunt und leuchtend, die anderen in ganz dunklen Tönen.

Jeder von uns hat eine andere Art und Weise, Krisen zu verarbeiten.

Jede Verarbeitung hat ihren Sinn. Sie braucht einen Ausdruck und einen Raum dafür. Ich bin zum Beispiel ein extremer Gefühlsmensch und schwanke gerade ständig von einem Extrem in das andere. Da gehen Ängste, Wünsche, Bedürfnisse, Sorgen, Hoffnung, Humor und alles, was ein Mensch so fühlen kann, sehr kontrastreich und nicht gerade zimperlich in mir in einen Dialog und dementsprechend äußere ich mich dazu, bzw. verhalte ich mich. Manch einer im Facebook denkt vielleicht, was ist denn mit ihr los. Sie ist doch sonst immer so positiv und in der nächsten Stunde bin ich das auch wieder und poste Blümchen und Bienchen auf der Terrasse mit einem verträumt schönen Text dazu.

Ein Gutes hat doch das Ganze, ich bin hier mal nicht die Therapeutin, nicht die Beraterin, nicht die Mutmacherin, nicht die erfolgreiche Unternehmerin, die täglich strahlt und gut aussieht, sondern ich darf mich auch mal als eine ganz natürliche Frau zeigen, die einfach nur ein Mensch ist, der mit einer Krisensituation umgehen muss, die uns alle betrifft.

Ich habe gerade Phasen hinter mir, die einige von Euch auch bestimmt kennen.

Zuerst beruhige ich mich und andere, weil ich glaube, dass alles nicht so schlimm ist und dann kommt die nächste Meldung in den Medien und die Panik lodert doch auf… So geht das auf und ab und das führt dazu, dass ich zwischendurch erstarre. Ich sehe dann nur noch schwarz und kann das aber nicht kreativ mit meiner Musik oder sonstwas ausdrücken. Ich möchte dann am liebsten nur noch im Bett liegen, weil mir all das, wozu ich gerade eine Menge Zeit habe, schwer fällt und ich zu gar nichts mehr zu bewegen bin. Dann raffe ich mich jedoch wieder auf und fange irgendwo an. Das erste war die Terrasse. Ich habe geschrubbt und gesät, umgetopft und gepflanzt. Jetzt ist hier schon alles wunderschön für den Frühling bereit und meine Frühblüher leuchten. Sie helfen mir mit ihren bunten Farben, wieder Freude, Hoffnung und Zuversicht zu spüren und danken mir somit für die Aufmerksamkeit, Pflege und Liebe, die ich ihnen täglich schenke. Dann sitze ich in der Sonne und mir geht es eine Zeit lang gut, wenn es mir gelingt, den Vögeln zuzuhören und einfach mal abzuschalten.

Mir gelang es allerdings bisher noch nicht, meine Gefühle mit Musik auszudrücken und so habe ich meine Harfen schon seit einer Woche nicht angefasst. Irgendwie machte mich ihr Anblick traurig. Ich wollte sie nicht berühren, weil sie doch aus der unbeschwerten Zeit stammen… Meine Instrumente umgab eine unsichtbare Schutzmauer, die ich in mir habe, aber um die Harfen sah. Als ich heute morgen mit meiner Harfenlehrerin telefonierte, ermunterte sie mich zu spielen. Es täte ihr gerade so gut, weil sie ja auch gerade nicht arbeiten darf, weder im Altenheim als Musiktherapeutin, noch mit uns Musikschülerinnen und -schülern. Sie ist so wie ich kein Typ, der sich gerne via Internet mitteilt und dort Unterricht oder Kurse anbietet. Ich meinte zu ihr, dass ich gerade zu gar nichts Lust hätte, auch nicht für die alltäglichen Dinge wie Bügeln, Kochen, Wischen und dergleichen. Trotzdem hat dieses Gespräch irgendetwas in mir bewegt. Ich schnappte mir zuerst die Bügelwäsche und als das Bügelbrett meine kleine Harfe antitschte, so dass sie nun Schrammen hat, nahm ich das Instrument in die Hand und trug es an eine geschützte Stelle. Und was passierte? Durch die Berührung mit dem Instrument kam ich wieder in Kontakt und strich zart über seine Saiten. Da entstand was Schönes, das mich zu diesem Text motivierte, weil ich heute zu diesem Thema auch Musik machen werde.

Jetzt ist erst Mal ein Knoten geplatzt. Es kann sein, dass er sich mal wieder zuzieht. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass ich immer in meinem Leben erst Mal zur Schockstarre neige, die sich dann allmählich auflöst und die Abstände der Rückfälle immer größer werden. Nach solchen unkreativen, gar sehr lähmenden Phasen platzt es dann irgendwie aus mir raus und ich meinte eben noch so zu mir: Jetzt kommt wieder alles auf einmal über mich und ich weiß gar nicht, womit ich zuerst anfangen soll. Ich bin also gerade wieder voller Tatendrang!

Gleich werde ich erst mal kochen, dann mich ein wenig ansehnlicher frisieren, denn ich habe mich in den letzten Tage diesbezüglich etwas gehen lassen, was ja auch Vorteile hat. Ich kann mal einige Tage in irgendwelchen Klamotten rumschlumpfen und ich benutze keine Wimperntusche und Kajal mehr. Ich muss ja auch mal kein stilvolles Vorbild für Kunden sein, brauche nicht vor die Tür zu gehen und bekomme keinen privaten Besuch, weil wir Kontakte ja vermeiden sollen. Nach dem Essen werde ich meine Harfen auf die Terrasse setzen, sie stimmen und dann drauf losspielen!!! Ergebnis kommt später!

Was ich damit ausdrücken möchte:

Du darfst alles so verarbeiten wie du das für dich brauchst. Suche dir Ventile, die dir gut tun. Und lasse auch die Gefühle und Phasen zu, die nicht so leicht und einfach zu verdauen sind und in denen du keine Ventile findest.

Aber achte dabei darauf, dass du niemandem schadest. Fahrlässigkeit, Respektlosigkeit, Grenzüberschreitungen und dergleichen kann niemand gebrauchen und besonders in diesen Zeiten nicht. Wenn ich im Facebook oder auf WhatsApps schon mal ärgerlich reagiere, weil mir jemand den gefühlt hundertsten Klopapierwitz oder die 10 besten Verhaltensregeln sendet, dann reagiere ich auch schon mal genervt gerade, wenn ich sowieso schon angeschlagen bin. Aber ich merke das auch sofort und sage meinem Gegenüber, dass er meine Art gerade nicht persönlich nehmen soll und bitte dann höflich um Nichtzusendung solcher Bildchen. Wir sind alle ziemlich angespannt, aber Verkäuferinnen anschnauzen und dergleichen, so etwas geht gar nicht. Vorgestern hat sich nämlich eine bei mir ausgeweint, weil sie das Verhalten vieler Kunden nicht mehr ertragen kann.

Ich habe die Hoffnung, dass durch die Rückbesinnung auf sich, viele Menschen Potentiale in sich entdecken, die sie bisher nicht (mehr) kannten. Dass die Kreativität nach anfänglicher Erstarrung oder schon langjähriger Unterdrückung endlich explodiert…

Lasst es uns gemeinsam schaffen und eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, gemeinsam am Fenster Musik zu machen und wenn es nur mit Kochtöpfen und Löffeln geschieht. Jeder Mensch hat ein Urrhythmusgefühl in sich und das darf er nun endlich mal ganz ungezwungen wie Kinder es tun, herauslassen. Das macht so viel Spaß. Ich kenne ja solche Sessions und weiß, wovon ich spreche!

Am Sonntag, den 23.03. werden alle um Punkt 18:00 Uhr in ganz Deutschland dazu aufgerufen! Das gilt, wie ich schon beschrieben habe, nicht nur für MusikerInnen!!!

Die Zeit bietet uns eine unfassbare Chance, unseren Perfektionismus und unsere sogenannte Professionalität loszulassen und einfach spielerisch zu werden!

Bei allen Sorgen und Nöten, die ich als Freiberuflerin sehr gut nachvollziehen kann und manche trifft es gerade wesentlich härter als mich zum jetzigen Zeitpunkt, treibt es trotzdem oder gerade deshalb schön bunt! Natürlich so weit es geht in Eurem Zuhause!

In diesem Sinne

farbenfrohe und hoffnungsvolle Grüße 🍀🍄❤️🌈☀️

Eure Sabina ganz ungeschminkt und privat aus dem Farbenreich

Und hier mein Video mit einer spontanen Improvisation. Viel Freude beim Zuhören und Entspannen!