EIGEN-ART-POESIE, Entwicklung

… aus dem poetischen Tagebuch der 80 iger

Freitag. 24.11.89


Erwachsen sein

 

Ich möchte niemals erwachsen sein

und dann stehen bleiben,

wie so viele Menschen

auf der Stelle treten.

Ich möchte vielmehr

ständig  er-wachsen

aus Altem zu Neuem

mit den Erfahrungen,

die zunehmen,

wachsen,

frische Triebe sprießen lassen

und reifen.


Ich bin

zum Glück

eine Endlos-heraus-Wachsende.


 

Foto: MoniArt

Sonntag, 25.11.89

 

Ich wünschte mir manchmal


 

ich wäre eine Mauer

so undurchsichtig,

stark,

widerstandskräftig.


Aber:

Mauern werden im Alter

rissig,

durchlässig,

unbelastbar,

zurück bleibt eine Ruine.


Also,

möchte ich doch lieber

keine Mauer sein,

sondern im Alter

stärker werden,

widerstandsfähiger

und so reizvoll sein

wie ein altes Gemäuer.



Sonntag, 25.11.89

 

A l t  w e r d e n

 

Innenleben:

Alt werden

heißt wachsen,

schön werden,

wenn der Mensch

sein Alter annimmt,

dass er aus seinen Erfahrungen

stets zu neuen Einsichten gelangt,


wie eine Pflanze

mit festem Wurzelwerk und Stängel

oder ein alter Baum

mit kleinen Zweigen,

an denen immer wieder frische Blätter

treiben.

Alles wird

in alle Richtungen

neu und jung,

wie es der Mensch

in seinem Herzen

bleiben,

werden

und ausstrahlen kann.

 

A l t  w e r d e n


Äußeres Erscheinungsbild:

Für viele Menschen

sind alte Häuser,

alte Mauern,

alte Möbel,

alte Bäume

und so vieles mehr

reizvoll anzusehen

wertvoll,

weil

man am Alter etwas ablesen kann,

die Fassaden nicht langweilig sind,

sondern

Lebendigkeit darstellen,

die Dinge durch´ s Leben

verändert werden

mal bunter,

mal strukturierter,

zerfurchter,

verzweigter

und mit all dem

dekorativer und interessanter.


Warum haben dann

die meisten Menschen

solch eine

Angst und Abscheu

vor ihren eigenen und anderer Falten

und deshalb

Angst vor dem Altwerden?


Texte © Sabina Boddem
www.farben-reich.com